Parkplätze gibt es kaum noch, fast 7.000 Sitzplätze sind belegt, Fotoapparate gezückt. Dann geht es los, das Spektakel. Eine Mischung aus Oper, Musical und Zirkusartisten. Und das auf dem Torso eines Toten. Die Liesbesgeschichte wird neu entfacht, die Freiheit neu gedacht. Über blau-rote Farbenspiele zu Zeiten der Französischen Revolution…

André Chénier, das ist das berühmteste Werk des sonst eher unbekannten, italienischen Komponisten Umberto Giordano. Es ist gleichermaßen packend, ein leidenschaftliches Liebesdrama, ein historischer Krimi.

Die Oper rund um das Schicksals des gleichnamigen Dichters, eine historische Gestalt der Französischen Revolution, der 1794 während Robespierres Schreckensherrschaft tatsächlich seinen Kopf verlor, ist in den Sommern 2011 und 2012 auf der Bregenzer Seebühne zu sehen.

„Irren und Wirren“

Frankreich im Jahr 1789. Der Adel feiert, die Bürger murren. Und zwischen allen Stühlen: der Dichter André Chénier. Geliebt von den Reichen für seine einfühlsamen Verse, im Herzen aber ein Revolutionär. Gezeichnet vor dem Hintergrund der Französischen Revolution ist André Chénier, uraufgeführt 1896 an der Mailänder Scala, ein historisches Drama von brillanter Schärfe.

Eine menschliche Tragödie von erschütternder Intensität; packend gleichermaßen als leidenschaftliches Liebesdrama und als historischer Krimi. Zentrale Gestalt der Oper ist der gleichnamige französische Dichter, die in den Wirren der französischen Revolution vom glühenden Anhänger zum erbarmungslos Verfolgten wird und am Ende, abgestoßen von den Exzessen der Gewaltherrschaft der Jakobiner, selbst auf der Guillotine endet.

Vom Anhänger zum Verfolgten

Zu Beginn der Oper scheint die Welt des 18. Jahrhunderts noch in Ordnung: Die Aristokratie tanzt, und der junge Dichter André Chenier, obgleich den Idealen der neuen Revolutionsbewegung zugeneigt, verkehrt erfolgreich in den prachtvollen Salons der Familie de Coigny, in deren Tochter Maddalena er leidenschaftlich verliebt ist.

Doch die politische Lage ist angespannt, längst beginnt sich der Schein der Revolution am Horizont abzuzeichnen; bald wird er dem sorglosen Leben ein jähes Ende bereiten.

Fünf Jahre später tanzt niemand mehr. Paris zittert unter dem Regime Robespierres, die hochfliegenden Revolutionsideale Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit sind einer grausamen Gewaltherrschaft gewichen.

Carlo Gérard, einst Diener der Familie Coigny und Chéniers Widersacher um die Liebe Maddalenas, ist zum Rädelsführer der Revolution aufgestiegen, während der Dichter wegen seiner Kritik an Robespierres Schreckensherrschaft verfolgt wird. Und so geraten Chénier und Maddalena ins Räderwerk der Geschichte, und das Einzige, was von ihrer Freiheit bleibt ist die Liebe – und mit ihr die tragische Entscheidung für den gemeinsamen Tod auf dem Schafott.

„Es lebe die Revolution!“

Giordanos Musik, getragen von jähzorniger Begeisterung und flammendem Überschwang der Gefühle, gipfelt in einer Hymne an die Brüderlichkeit, an die Liebe – und an die Befreiung durch den Tod. Giordano ließ in seine Musik historische Tänze und Märsche aus der Zeit vor der Französischen Revolution genauso einfließen wie bekannte Revolutions-Klänge, darunter das „Ça ira“ und die Marseillaise. Ergreifende Arien und atemberaubende Duette verleihen der Oper ihren einzigartigen Charakter.

Positives Medienecho

Das ZDF Heute Journal meint: „Wenn bei Bregenz die rote Sonne im See versinkt, beginnt auf dem See das Drama um André Chénier. […] Die Bregenzer Festspiele: Das ist nicht einfach nur Oper, das ist eine Riesenshow […] es macht Riesenspaß sich das anzuschauen.“ Und die Frankfurter Rundschau resümiert: „Das Ergebnis rechtfertigte die Stückwahl. Für dieses und das nächste Bregenzjahr dürfte der Chénier sich als eine Attraktion der Sonderklasse herumsprechen. […] Ein enormer Wurf war wieder das Bühnenbild.“

Der Intendant der Bregenzer Festspiele, David Pountney, sagt über das Spiel auf dem See (André Chénier), die Oper im Festspielhaus (Achterbahn) und die Konzerte des Hallé Orchestra: „In diesem Jahr haben wir den Titel ‚Schöpfung‘ genannt, weil wir natürlich die schöpferische Tat von Judith Weir feiern. Sie hat eine neue Oper geschrieben und auch Andrea Chénier selbst war ein Poet. Und in diesem Sinn sind auch die ganzen Orchesterkonzerte schöpferischen Gestalten gewidmet.“

Artikelbilder: © NN/ Bregenzer Festspiele

Logbuch| Jan Thomas Otte ist schon ein paar Mal an der Seebühne vorbeigefahren, dieses Jahr saß er zum ersten Mal dort, fühlte sich ein bisschen wie im Fußballstadion, bis die Oper losging. Und war ganz begeistert von derem Klangsystem…

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Jan Thomas Otte liest gerne "mare", das Print-Magazin. Online surft er lieber auf "admirado". Otte lebte 3 Monate in der Nähe von Manchester, 6 Monate in Jerusalem, 9 Monate bei New York. Wegen seinem Reisefieber verbrachte er auch einige Wochen an anderen schönen Flecken der Erde, auf der Südhalbkugel: Neuseeland, Südamerika und Südostasien. Als Journalist mit Reisefieber engagiert er sich bei Constart, einem Netzwerk für Korrespondenten. 2010 gründete er das Online-Magazin "Karriere-Einsichten". Und ist in den letzten 10 Jahren ebenso 10 mal umgezogen...

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