Imphal ist die Hauptstadt von Manipur, einer der sieben Schwesterstaaten in Nordost Indien. Nordost Indien ist nur durch einen schmalen Korridor mit Ost-Indien verbunden und ist ein vergessenes Stück Land zwischen Nepal und Bangladesh…

Von dort geht es nach Tamelong, einer der abgeschiedensten Gegenden in die ich jemals meinen Fuss gesetzt habe, um die ehemaligen Kopfjäger aufzusuchen. Bevor die Reise startet, hört meine Expeditionsgruppe von einem Streik in der Gegend der absoluten Fahr- und Arbeitsverbot für 48 Stunden ab Mitternacht verordnet.

Die Stämme vor Ort kämpfen um mehr Rechte. Nach einer langen Diskussion ob wir die Reise absagen entscheiden wir frühzeitig loszufahren und vor der Geisterstunde anzukommen. Wir fahren an grünen Reisfeldern vorbei, an Büffeln und Frauen mit Fischernetzen und erreichen nach 8 langen Stunden auf schlechtester Strasse um 23.55 unseren Schlafplatz.

Am nächsten Morgen starten wir um 6 Uhr um uns bei der Polizei zu registrieren. Nach nur wenigen Minuten kommen Männer der Student Union mit langen Stöcken und Steinen auf unser Auto zu. Unsere Sondergenehmigung ist ausreichend und die Strassenbarriere wird entfernt. Wir sind die einzigen auf der Strasse, das Dorf ist einsam und verlassen.

Während der Registrierung bei der Polizei diskutieren unsere lokalen Mitfahrer mit der Polizei, ob Polizeischutz benötigt wird. Während ich leise vor mich hingrüble warum das überhaupt diskutiert werden muss, wird die Entscheidung getroffen das wir uns ohne fortbewegen…

Glück im Unglück

Bei einem der vielen Kontrollpunkte des Militärs und der Polizeiregistrierung. Während der Fahrt lerne ich, dass es in Tamelong neben der Student Union, dem Indischen Militär, den Untergrund-Kämpfern auch die offiziell gewählte Regierung gibt. Wie einer unserer Fahrer uns bestätigt, haben wir Glück im Unglück. Die Student Union schlägt einen nur zusammen wenn sie unglücklich sind, während die Untergrund-Kämpfer einen erschiessen.

Während der nächsten zwei Tage besuchen wir 4 abgeschiedene Dörfer mit 70 bis 250 Familien. Ohne fliessend Wasser und Strom oder Zugang zu Bildung. Die Strassen zu diesen Dörfern sind unglaublich schlecht. Heftige Regenfälle und Bauarbeiten haben die Strassen fast unpassierbar gemacht.

Die Strasse die Hölle, die Landschaft himmlisch

Wir fahren für Stunden als plötzlich eine Gruppe von 5 bewaffneten Männern unseren Weg kreuzen. Wir halten an und lernen, dass sie eine abgestürzte Kuh bergen wollen, die den Hang heruntergerutscht ist. Während wir uns fragen wie die schwere Kuh transportiert werden wird, lernen wir dass der Urwald alles nötige zur Verfügung stellt.

Nach einem langen Tag kehren wir Abends in unser Camp zurück. Dort erfahren wir, dass der 8 Monate alte Sohn unseres Fahrers gestorben ist. Wir diskutieren Möglichkeiten, unseren Fahrer sofort mit einem unserer Autos zurück zu schicken. Jedoch fehlt uns eine Sondergenehmigung der anderen 5 Stämme, die er während seiner 8 Stunden Fahr nach Imphal passieren würde. Zudem trinken die Student Unions gerne und viel, schweren sich demnach nicht um Sondergenehmigungen und finden immer Gründe für eine Prügelei.

Zudem finden zwischen Imphal und Dimapur, weitere 6 Stunden Fahrt, weitere Streiks statt und es gibt kein Vorwärtskommen. Wir können nichts für unseren trauernden Vater tun und bleiben in Tamenglong. Ich bin erleichtert über diese Entscheidung, denn wir hören dass in Imphal die People Celebration Army ihre Unabhängigkeit mit zwei Bombenanschlägen feiert. Über Tote oder Verletzte liegen uns keine Informationen vor.

Im Dorf der ehemaligen Kopfjäger

Am zweiten Tage besuchen wir 70 Familien, ehemalige Kopfjäger. Ihr Leben ist hart aber ihre Gastfreundschaft sehr gross. Um das Dorf zu erreichen nehmen wir eine noch schlechtere Strasse als am Vortag. Der enge Pfad am 500 Meter tiefen Abhang ist matschig, teils ein Flussbett und wird blockiert von Lastwagen die dicke Steine abtragen.

Unsere beiden Fahrer werden zusehends nervöser. An einem Punkt kommen wir nicht weiter und gehen zu Fuss weiter. Unsere Fahrer werden aufgefordert nachzukommen und uns abzuholen. Wie ich später höre, wurden Bedenken der Fahrer von unseren Lokalen ignoriert. Ich sehe mich eher auf der Risikoseite des Lebens. Aber die Rutschpartie auf dem Rückweg war eine extreme Erfahrung an meine Limits.

Kleiner Pfad und tiefe Abhänge

Arbeiter (auch Frauen) säubern den Weg für unsere Fahrer. Zwei unserer Begleiter versuchen die Strasse notdürftig zu reparieren. Am Abend sitzen wir entspannt und glücklich am Tisch und geniessen das beste Essen der Welt. Wir beginnen die Ereignisse der letzten zwei Tage zu besprechen und sind uns einige wie viel Glück uns auf dieser Fahrt begleitet hat.

Zuletzt erfahren wir, dass eine Woche zuvor genau an der Stelle ein Priester mit seinem Fahrer in den Abgrund gerutscht ist und nur noch tot geborgen werden konnte. Zurück in Imphal hören wir von einem Aufstand am nächsten Tag, nur ein Dorf weiter bei dem ein Untergrund-Kämpfer einen Dorfbewohner erschossen haben soll…

Artikelbilder: © Astrid Kühne

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[tabs tab1=“Indien“ tab2=“Himalaya“ tab3=“Autorenbox“]
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[/two_fifth] Indien ist ein Staat in Südasien, der den größten Teil des indischen Subkontinents umfasst. Indien ist eine Bundesrepublik, die von 28 Bundesstaaten gebildet wird und außerdem sieben bundesunmittelbare Gebiete umfasst. Indien ist ein multiethnischer Staat und mit über 1,2 Milliarden Einwohnern (2011) das zweitbevölkerungsreichste Land der Erde. Indien gilt, gemessen an der Einwohnerzahl, als größte Demokratie der Welt.

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[tab]Der Himalaya bildet die natürliche Nordgrenze Indiens, im Süden umschließt der Indische Ozean das Staatsgebiet. Indien grenzt an Pakistan, die chinesische autonome Region Tibet, Nepal, Bhutan, Myanmar (Birma) und Bangladesch. Weitere Nachbarstaaten im Indischen Ozean sind Sri Lanka und die Malediven.[/tab]

[tab]Astrid Kühne bereist für 3 Monate während eines Volunteer Aufenthalts den Nordosten Indiens. Unter anderem führt ihre Reise in die entlegenen Berge zu den ehemaligen Kopfjägern. Eine Reise in eine andere Welt begleitet von vielen Abenteuern. Wie sagte doch einst John Irving: „If you are lucky enough to find a way of life you love, you have to find the courage to live it.“[/tab]

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Wir sind Journalisten. Und wollen ein Reisemagazin mit Geschichten sein, dass uns und unsere Leser zum Staunen bringt. Das heißt “admirado”. Sie verstehen nur Spanisch? Kein Problem. Genau genommen heißt “admirado” auf dieser Weltsprache: bewundernswert, staunend, positiv überrascht. Ob die Radtour durchs Himalaya oder ein Besuch beim Papst. Wir liefern unseren Lesern dazu die Reportagen. Und den Service? Den bietet Ihnen unsere Redaktion durch Links ohnehin…

2 Kommentare

  1. „Ex-Kopfjäger“? Klingt ja gemeingefährlich :) Schön, dass ihr auf der Reise so einen Spaß habt. In Indien war ich vor sieben Jahren mal, dort aber in Goa. War ’ne verrückte Zeit damals :3

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