Die Steilküste des Golfo del Bue Marino auf Sardinien gilt als eine der spektakulärsten Küsten, die das Mittelmeer für Seekajak-Paddler zu bieten hat. Auf über 35 Kilometern Küstenlinie brechen rauhe Klippen senkrecht zum Meeresspiegel in die Tiefe, teilweise 300 Meter und mehr…

Zu Beginn der Strecke findet man noch kleine Buchten zum Anlanden. Der überwiegende Teil jedoch ist so unwirtlich, dass es keine Möglichkeit zum Ausstieg gibt, weshalb dieser Abschnitt ausschliesslich bei gutem Wetter mit einer maximalen Windstärke von 3 bis 4 BF und auch dann nur an einem Stück durchpaddelt werden kann – und genau das war die Herausforderung unserer 14tägigen Seekajaktour entlang der Ostküste Sardiniens.

Buchten und Grotten

Seit Jahren paddle ich den ersten Teil der Strecke regelmässig. Die reizvolle Natur ist mir vertraut: hier lange sichelförmige Buchten mit blauen Wasser, dort vereinzelte kleine Dörfer oder Häfen zum Proviant nachkaufen. Dann die grossen Pinienhaine mit ihren schattigen Plätzen bei der Mittagsrast oder beim Biwak. Und nicht zuletzt die steinernen Kliffe, die unsere Paddelpassagen so interessant machen.

Das Wetter diktiert stets den Tourverlauf, das gilt auch für vertrautes Gebiet. An den beiden ersten Tagen hatten wir dieses Mal einen ablandigen Wind mit BF 5-6, weshalb wir sie in der schützenden Bucht unseres Zeltplatzes nahe Olbia verbrachten. Doch am dritten Tag legte sich der Wind und wir konnten endlich starten. Und dank unserer schnellen Boote kamen wir gut voran.

Von San Theodoro über Possada die Küste entlang erreichten wir in nur drei Tagen den langen Sandstrand von Orosei – Zeit für ein genüssliches, kühles Bier in „Pepes Strandbar“. Und die Vorhersage für die nächsten Tage versprach weiterhin ruhiges Wetter. Nach einer lauen Nacht am langen Sandstand und einem herrlichen Sonnenaufgang brachen wir entsprechend guter Dinge zu unserer Königsetappe auf.

Heute wollten wir zu den Grotten der Bucht „Cala di Luna“, ca. 20 Kilometer in der Steilküste des Golfo paddeln, die einen guten Übernachtungsplatz bietet.

Unser Tipp: „Grotten – Menüerlebnis à la AEX-Reisen“: dazu unterwegs in Cala Gonone ein ganzes tiefgefrorenes Huhn kaufen, währen der Kajakfahrt zum Biwakplatz (ca. 15 Kilometer) auftauen lassen. Das Huhn beim Biwak-Aufbau portionieren und während des Badens in eine Gewürz-Boullion-Sosse einlegen. Anschliessend mit grossen Knoblauchzehen spicken und bis zur Dämmerung ziehen lassen.

Nach einer Stunde Kochzeit bei Kerzenschein und zum Zwitschern der Fledermäuse mit einer Flasche Mirtho (traditioneller Sardischer Schnaps, 40% Alkohol) am Strand geniessen – nicht nur ausgehungert hat man noch nie etwas besseres gegessen!

Gesättigt und ausgeschlafen paddelten wir am nächsten Tag über die unzugängliche Steilküste Richtung Arbatax. Unterwegs erkundeten wir kleine Felsgrotten und genossen die Natur auf winzigen, nur vom Meer zugänglichen Sandständen direkt unterhalb der Felsklippen. Das Capo di Monto Santo bildet den spektakulärsten Punkt dieser Etappe: die steilen Felswände drehen 60 Grad nach Süden, eine Klippe folgt der nächsten und das Auge sieht am Horizont nur noch Felsen und Wasser.

Am Ende der Welt?

Das Ende der Welt scheint erreicht – ein unglaubliches Gefühl! Und ausgerechnet hier drehte der Wind auf Süd. Der Scirocco blies uns die Wellen mit Windstärke 4 ins Gesicht. Unter großer Anstrengung erreichten wir am Abend nach knapp 40 Kilometern glücklich aber erschöpft die tiefe Bucht von Arbatax. Jetzt hatten wir uns einen Tag ausspannen verdient!

Die nächsten Abschnitte führten uns weiter nach Süden entlang der prägnanten Küste mit bizarren Felsformationen aus rotem Porphyr, die immer wieder von ausladenden Buchten mit feinen Sandstränden und kleinen Ortschaften abgelöst wurden. Als der Scirocco nach einigen Tagen erneut an Kraft gewann, legten wir in der kleinen, nur vom Wasser zugänglichen Felsenbucht Coccorocci zwei Tage Pause ein.

UNSER TIPP: „Coccorocci, ein 5 Sterne Sandstrand mit Karibik-Flair“. Totale Abgeschiedenheit, Baden in der Brandung, Sonnen und einfach Nichtstun, Fischen, Fische braten auf Grillrost – Erholung für Körper und Seele.

Entspannt und ausgeruht paddelten wir weiter nach Porto Corallo, dem Endpunkt unserer Tour. Inmitten von zwei Meter hohen sanften Wogen, die durch den Wind der letzten Tage entstanden waren, war die letzte Etappe ein reiner Genuss. 14 wunderbare Tage auf See lagen hinter uns und nun erwartete uns eine erfrischende Süsswasser-Dusche auf dem Campingplatz, ein kühles Bier und eine traditionelle Sardische XXL-Pizza. (Ein schöner Abschluss für eine tolle Tour.)

Artikelbild: © Ivan Walther

Logbuch| Ivan Walther paddelt seit vielen Jahren auf den Meeren. Für ihn gehört die Küste Sardiniens mit zu den schönsten Revieren in Europa. Begründung: Paddelpassagen mit einsamen Stränden und mediterraner Gelassenheit. Als nächstes steht eine Kajak Tour in Venedig auf dem Programm…

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1 Kommentar

  1. Ich liebe Sardinien – die Insel ist einfach wunderschön, diese Strände, diese schöne Natur und die italienische Kultur, die man nicht vergessen kann. Ich war schon paar mal auf Sardinien und ich entdecken immer was neues auf der Insel.

    gruß
    Kristina

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